Vor einer Woche haben wir das Projekt Sacha Yachana Wasi abgeschlossen, mit einem lachenden und einem weinenden Auge. In den letzten zwei Wochen haben sich die Kinder, der Dschungel, das Wetter und die Stimmung im Lehrerhaus noch einmal von der allerbesten Seite gezeigt und den Abschied schwer fallen lassen. Obwohl es nun schon eine Weile her ist, würde ich euch gerne ein bisschen von der Stadtschulwoche in Quito schreiben.
Die Idee einer Spezialwoche für die vier verbliebenen Oberstufenschüler hatte ich, weil mich dünkte, auch sie sollten etwas Besonderes haben, wenn ja die anderen vier währenddessen in die Schweiz "durften". Ich wollte etwas unternehmen, das fast so spannend und fremd war, wie die Schweizreise von Yesseña und Micaela. Maestra Gloria und Anja begleiteten uns.
Finanziert haben wir uns die Woche aus dem Spendengeld der Lehrkräfte der Sekundar- und Realschule Wasen, die dafür manche Stunde engagiert gejasst haben. Herzlichen Dank an André & Kathrin Müller, Dani & Annemarie Rösti, Dänu Haymoz, Elisabeth und Werner Berger, Judith und Jürg Flükiger, Bernhard Probst, Patrick von Büren und alle Gelegenheitsjasser!
Montag, 12. Mai 2008
Anreise
Statt mit dem Schulkanu in den Amazoonico zu kommen, fuhren Cristian, Adrian (beide in den schönsten Kleidern, aber sichtlich nervös), Maria (wegen deren vergessener Identitätskarte wir noch einmal flussabwärts mussten), Anja und ich nach Puerto Barantilla, wo Abdón und seine Schwester Gloria schon auf uns warteten.
Leider kam der Bus nach Tena wegen einer Baustelle weiter oben nicht und wir waren gezwungen, unsere Reise nach Quito mit eineinhalb Stunden Warten zu verbringen.
In Tena wurden bereits die ersten Sachen "gänggelet" und ich fragte mich einmal mehr, woher dieses Geld dann plötzlich immer kommt.
Die Fahrt nach Quito war abenteuerlich, was vor allem dem unregelmässigen Fahrstil des Chofer zuzuschreiben war. Den 5 Kichwas wurde es speiübel bei diesem ruckartigen Bremsen und beherzten Gasgeben. Ohne dass ich es merkte, hatte sich Adrian schon still und heimlich in den Spalt zwischen Sitz und Buswand übergeben. Bei Cristian war ich dann mit einer Tüte zur Hand. Schliesslich schliefen alle ein, was unter diesen Umständen wirklich das Beste war.
Am Terminal Terrestre de Quito bestiegen wir alle zusammen ein Taxi (was ein ziemliches Gstungg war) und fuhren zum Hostal Cometa, wo ich mich inzwischen schon ziemlich zu Hause fühle und das die ganze Woche ausschliesslich uns zur Verfügung stand.
Das Nachtessen ging ich mit Maria und Gloria im Mall "El jardín", einem riesigen Shoppingcenter, einkaufen. Erst als ich das nervöse Gekicher hörte, realisierte ich, dass die beiden noch nie auf einer Rolltreppe geritten waren und das Ganze wohl amüsant, aber doch ein bisschen angsteinflössend fanden.
Abdón surfte inzwischen im Hostal im Internet. Und obwohl er sicher noch nicht oft mit einem PC gearbeitet hatte, fand er sich erstaunlich gut zurecht. Grossen Spass machte ihm das Schmökern in meinem Blog, vor allem wegen der Fotos und der Filme.
Nach dem Essen war ziemlich schnell Nachtruhe. Und die Alarmanlage ging nie los. Ich hatte den Kindern im Vorfeld meine Geschichte mit dem Sicherheitssystem im Hostal Cometa erzählt und niemand wollte die Polizei im Haus. Obwohl, Cristian hätte es vielleicht gereizt... einfach mal schauen, was passiert...
Dienstag, 13. Mai 2008
Besichtigung der Altstadt und der Basílica, Spazierfahrt im Parque Carolina
Weil es in Quito ja viel kälter ist als im Oriente, haben Jana und ich den Kindern unsere warmen Sachen ausgeleiht: Abdón lief in meinem Faserpelz rum, Adrian in Janas, Gloria trug mein T-Shirt und Cristian meine Windjacke.
Beim anschliessenden Spaziergang durch die Altstadt gab es viel zu sehen, nicht nur für die ungewöhnten Indianeraugen, sondern auch für Anja und mich. Zum Beispiel einen Schnürsenkelverkäufer. Wir durften in die Eingangshalle des Regierungsgebäudes von Rafael Correa, des amtierenden Präsidenten. Den adretten, schwarzen Wächter, der dekorativ vor dem Eingangstor stand, durften wir fotografieren.
Auch der Aufstieg in den Turm der Basílica, einer grossen Kathedrale, war nicht nur für die Schüler eine spannende Angelegenheit. Die extrem steile Leiter in den Turm schien alles andere als sicher und die Häuser von Quito wirkten von dieser luftigen Höhe beunruhigend klein. Gloria und Maria blieben lieber im sichereren Zwischenstock und auch ich wagte mich nur hinauf, weil Anja so gerne wollte.
Das Mittagessen nahmen wir in einem kleinen typischen Restaurant ein, von denen es in der ganzen Stadt an jeder Ecke eines gibt. Die Kinder bestellten Reis und Poulet, konnten es aber kaum geniessen, wie das Foto von Cristian beweist, weil im Raum ein Fernseher lief.
Abschluss dieses ersten Ausflugtages in die Grossstadt war eine Pedalofahrt im Parque Carolina.
Zum Abendessen wünschten sich die Kinder - man glaubt es kaum - Reis und Poulet. Huhn war zu kostspielig, aber Reis und Zwiebel-Tomaten-Salat wurden im Hostal von Maria und Gloria gekocht. Als dann Maya noch einen Fernseher brachte, hörte man von den müden Kindern nicht mehr viel. (PS: In der Schweiz habe ich bei Lagern immer darauf geachtet, dass die Kinder mal eine Woche nicht fernsehen. Hier in Ecuador mochte ich es ihnen von Herzen gönnen...)