Sunday, April 13, 2008

Noticias de la Selva

Querida familia, queridos amigos en Suiza!

Ich habe mich endgültig entschieden im Sommer in die Schweiz zurückzukehren. Es gibt gute Gründe, wieder nach Hause zu kommen. Es gäbe aber auch etliche Gründe im Ecuador zu bleiben. Zum Beispiel Erlebnisse dieser Art:


Kaiman
Ihr wisst, der Kaiman ist wie der Morphofalter ein bisschen mein Steckenpferd und es bleibt eine Herausforderung, einer der beiden ablichten zu können. Beim Kaiman ist mir inzwischen ein gutes Bild geglückt, jedenfalls wenn man bedenkt, dass meine Kamera kaum zoomen kann. Auf Kichwa heisst der Kaiman übrigens lagarto. In der Oberstufe üben wir zur Zeit unter anderem alle Tiernamen der Auffangstation auf Kichwa, Spanisch und Deutsch. Ich habe dabei schon viel gelernt - die Schüler hoffentlich auch ;-).


Kakao
Der Kakao ist Anjas absolute Lieblingsfrucht im AmaZoonico und es gibt davon auch etliche, weil der Sekundärwald früher eine Kakaoplantage war. Von der Kakaofrucht isst man nur das weisse, schleimige Fruchtfleisch in dem die Kerne eingebettet sind. Die Kerne selbst sind violett und extrem bitter. Die Kichwas lassen sie an der Sonne trocknen (an den unmöglichsten Orten übrigens: auf der Strasse, in einer Schubkarre, usw.) und verkaufen sie dann zur Verarbeitung weiter. Das Paradoxe ist, dass Kakao zwar hier wächst, wirklich gute Schokolade aber in der Schweiz hergestellt wird. So reist die Frucht bis nach Europa, wird dort mit Honig, Zucker, Rahm verfeinert und gelangt dann zum Beispiel in einem Paket eines lieben Verwandten oder Freundes (es sei an dieser Stelle noch einmal gedankt) wieder in den Ecuador.

Die erste richtige Schlange
So, nun ist es soweit: ich habe meine erste richtige Schlange gesehen. Mit richtig meine ich, dass sie weder eingesperrt noch überfahren und folglich ziemlich unbeweglich war, noch dass sie nur die Grösse eines Regenwurms hatte. Nachts auf dem Weg zum Runa Huasi, wo ein Abschiedsfest der Volontäre stattfand, lag dieses schwarze Prachtsexemplar auf dem Weg, machte sich aber sofort aus dem Staub. Die kurze Begegnung reichte, dass ich im Dunkeln nun noch vorsichtiger gehe und eigentlich immer die Gummistiefeln anziehe. Anja wird aus Prinzip getragen, schliesslich muss so ein Biss nicht herausgefordert werden, auch wenn die Wahrscheinlichkeit recht gering ist.

Wozu man Geometrie braucht...
Dies ist eigentlich ein Nachtrag zum Blog "Elterngespräche".
Als wir bei Ruben und seiner Frau, den Eltern von Gloria und Abdón, waren, sagte ich auch ein paar lobende Worte zu Abdons Arbeitsverhalten in Mathematik. Normalerweise macht er Rechnen nicht so gerne, aber das Thema Geometrie, Zeichnen mit Zirkel und das exakte Arbeiten, sagen ihm sehr zu. Ruben freute sich an dem Lob, wollte aber wissen, wozu man Geometrie brauchen könne. Mir fiel auf die Schnelle nichts Besseres ein als: für den Hausbau. Da schaute Ruben doch ziemlich verständnislos - er hatte für sein wunderschönes Haus, das er selbst gebaut hatte, wohl nichts gebraucht, dass auch nur wie Geometrie klang.

Schulmaskottchen
Zur Zeit beherbergt unser Klassenzimmer eine Tarantel von beachtlicher Grösse. Diese hat vorletzte Woche, an der Decke hängend, der armen Micaela auf den Kopf gemacht und viel Gelächter geerntet. Als ob das nicht genug wäre, hat ein bisschen später ein Totenkopfaffe, der eigentlich nichts in unserem Schulzimmer zu suchen hatte, sein Geschäft in Jans Heft erledigt. Man stelle sich diese Situationen in der Schweiz vor...

Besuch aus Misahualli
In den Ferien half ich wiederum einen Tag bei den Volontären aus. Der Zufall wollte, dass gerade an diesem Tag die Schulklasse von Misahualli, die wir im September besucht hatten, unsere Schule anschauen wollte. Leider gab es nicht viel zu sehen, ausser den Räumlichkeiten und Pulten ohne Kinder. Deshalb machten wir anschliessend gemeinsam noch die AmaZoonico-Tour und ich versuchte in meinem kargen Spanisch etwas über die verschiedenen Tiere zu sagen. Die Kinder hörten interessiert zu und fragten einige Male, aus welchem Land die Tiere denn seien. Sie konnten nicht glauben, dass zum Beispiel Trompeteros und Klammeraffen im ecuadorianischen Regenwald heimische Tiere sind. Das hat mich sehr erstaunt.
Der Lehrer half mir oft aus, wenn für eine Erklärung mein Spanisch nicht ausreichte. Um meine langen Ausschweifungen, warum Wasserschildkröten gefährdet seien, abzukürzen, fragte er die Schüler: Was passiert, wenn die Leute eine Wasserschildkröte im Napo sehen? -Matanlo (Sie töten sie), die einstimmige Antwort. Aber dass es unter anderem deswegen zu wenig dieser Reptilien haben sollte, konnten sie nicht richtig nachvollziehen.
Abschliessend zu dieser Tour lobte ich das Land Ecuador, vor allem die wunderschöne Natur des Urwaldes und versuchte ihnen ans Herz zu legen, diesen Schatz für das eigene Land zu hüten. Ich kam mir vor wie ein ecuadorianischer Nationalist auf Propagandatour.

Palmsonntag
Das ist nun schon so lange her, dass es schon bald nicht mehr wahr ist. Trotzdem möchte ich dieses Bild noch zeigen. Mit solchen wunderschön verarbeiteten Palmblättern sah man an diesem heiligen Sonntag die Leute in Tena durch das Dorf schlendern.


Harry-Potter-Film-Abend
Um den spanischen Wortschatz und das Leseverständnis der älteren Schüler zu fördern, lasen wir gemeinsam Harry Potter - La piedra filosofal. Es war ein nicht so einfaches Unterfangen, obwohl es den Kindern Spass machte. Sie sahen zum Beispiel nicht ein, warum sie mitlesen sollten, wenn jemand laut vorlas. Oder warum sie gar alleine lesen sollten, wenn doch alle das gleiche Buch hatten und jemand vorlesen könnte. Und dann waren natürlich die Niveauunterschiede sehr gross, so dass ich die einen immer bremsen und den anderen immer unter die Arme greifen mussten, wenn wir das Ganze zu einem gemeinsamen Abschluss bringen wollten. Schliesslich war es geschafft und wir krönten das Projekt mit dem Film Harry Potter - La piedra filosofal.
Die Jungs waren für das Feuer, den Generator und den Computer samt einer guten Filmkopie (es gibt nichts anderes als Kopien zu kaufen in Tena) zuständig, die Mädchen fürs Nachtessen und das anschliessende Aufräumen. Meine Vorstellungen von gerechter Arbeitsteilung deckten sich nicht mit denen der Kichwakinder. Nachdem die Mädchen - zwar verspätet - eingetroffen waren, in der Amazoonicoküche in Windeseile und mit grossem Geschick ein Nachtessen auf die Beine gestellt hatten, im Rio Arajuno ausgibig gebadet hatten (auf Sauberkeit legen alle Kichwas grossen Wert), machten sie auch noch das Feuer der Jungs. Abgesehen vom Feuer machten diese ihre Sache aber auch sehr gut: Wir hatten alle einen gespitzten Stecken für das Stangenbrot, der Generator lief ohne Mucken und die Filmkopie war hervorragend (sie hatte nur zwei, drei Aussetzer).
Wir hatten aus dem Lehrerhaus die 4 Reservematratzen und Christine von Steigers alte Decken raufgeschleppt und die Schüler richteten es sich gemütlich ein. Während dem Film schauten alle gebannt auf dem Laptop-Bildschirm von Jan. Ausser Abdón, der den Film auswendig kannte und immer wieder simultan mitsprach und Gloria, seiner Schwester, die wohl aus dem selben Grund einschlief. Nach dem Film gab es eine kurze Kissenschlacht und dann durften die Jungs unter sich und die Mädchen unter sich noch leise etwas spielen. Etwa um 1.00 Uhr schliefen alle, immer zu zweit auf einer Matratze, zu viert unter einer Decke. Adrian konnte nicht verstehen, warum ich zwischen den Jungs und den Mädchen schlief, sie seien doch jetzt schon gross und bräuchten keinen Aufpasser. Als ich antwortete, dass ich es genau deshalb mache, weil sie jetzt eben schon gross seien, verstand er mich nicht. Die anderen schmunzelten.
Eigentlich ein Zeichen dafür, dass Adrian tatsächlich noch keinen Aufpasser gebraucht hätte ;-).
Am nächsten Morgen waren alle ziemlich gerädert, mich eingeschlossen. Dass wir die erste Stunde Unterricht noch in den Betten gemacht haben, wurde geschätzt. Und auch Beata, dem behinderten Klammeraffen-Weibchen, sagten die Betten zu: In der Zehn-Uhr-Pause hatte sie es sich in den weichen Betten gemütlich gemacht.

Cristians Schwester
Cristian, Adrian, Randy, Jerson und Willinton haben nun endlich ein Schwesterchen bekommen und sind ganz offensichtlich stolz darauf! Sie hat keinen Namen und wird vorerst auch noch keinen bekommen. Dafür hat Willnton nun endlich kurze Haare, die lassen die Kichwas nämlich wachsen bis das Kind 2-3jährig ist oder eben Nachwuchs kommt.
So wie uns Randy erzählt hat, war Cristian der Geburtshelfer! Für uns Europäer unvorstellbar. (Wie übrigens auch die Schwangerschaft ohne Ultraschall oder regelmässige Arztbesuche...). In den ersten Tagen ging es Marisol, der Mutter, nicht gut und die Kleinen (Randy und Jerson) hatten Hunger. Wir gaben Cristian und Adrian ein Brot und Schokolade mit nach Hause, was sie gerne annahmen. Inzwischen ist sie aber wohlauf, an der Minga vom letzten Donnerstag schwang sie auf jeden Fall schon wieder die Machete, das Neugeborene lag im Kindergarten in der Hängematte. Was Steffi und mir zu denken gab: die sechsfache Mutter ist gleich alt wie wir zwei.

Nachtspaziergang
Steffi und ich auch nächtlichem Streifzug. Wir haben gesucht, mit Stöcken gestochert und Blätter gewendet, haben aber kein einziges nicht-insektenartiges Tier gesehen. Dafür machte das Fotoshooting Spass.




4 comments:

Unknown said...

tarantel...
und der unterricht geht normal weiter?!!
ist wirklich genial um dass dan in europäischen verhältnisse vorzustellen.

nou, ik ben blij dat teminst Anja nederlands aan het leren is. mijn moeder vond dat ik een cursus duits
moest volgen, zo dat ze mijn emails beter begrijpen...lieve groeten en tot snel.

Gerbers said...

Annelies, wenn ich die Berichte lese, bin ich jeweils vor Ort und erschrecke mich alsdann beim zurückfinden auf den Bürostuhl vor dem Computer. So was möchte ich auch mal erleben. Gruss Vätu

Brigitt said...

Dass, ist das, was mich zum Nachdenken gebracht hat. Dass die Ecuadorianer so wenig über ihr wunderschönes Land wissen. Und, ob wir Schweizer es eigentlich besser machen. An jedem Land gibt es so viel Sehens wertes und wissenswertes. Doch scheinen die anderen Länder interessanter. Verständlich bei unseren Möglichkeiten. Aber, das viele Ecuadorianer ihr Land doch nicht besser kennen, welche nicht die Möglichkeiten haben zu reisen, erstaunt mich schon. Obwohl ich auch weiss, dass sie mit einheimischen Pflanzen viel mehr anzufangen wissen, als wir mit unsern. Tja,

Brigitt said...

Jetzt fehlt dir ja nur noch der Morho, aber du hast ja noch ein bisschen Zeit in Ecuador. Und die Verstärkung kommt ja. Die Jagt kann weiter gehen.