Saturday, August 18, 2007

Mit dem Waldhüter unterwegs (von Röbu)

Gestern durfte ich ein ganz besonderes Abenteuer erleben: Futtertransport in eine abgelegene Unterstation des Zoos und dann einen Kontrollgang mit dem Waldhüter durch den unberührten Dschungel.
Jaime, so heisst der Eingeborene, der die Gegend wie seine Hosentasche kennt, erscheint zum Wochenrapport in unserem „Dorf“. Nach längerem Palaver gehen wir hinunter an den Fluss, wo schon das Tierfutter zum mitnehmen bereitliegt. Mit halbstündiger Verspätung (normal) kommt das Kanu und nimmt uns mit. Eine Motorsäge, für Kenner mit etwa einem 1,2 m langen Schwert, wird noch umgeladen. Das lässt erahnen, welchen Durchmesser der zu fällende Baum haben könnte.
Nach kurzer Kanufahrt wird ein Indianer an einem weiteren Futterplatz für ausgesetzte Affen am Ufer abgesetzt. Eine Anlegestelle weiter flussaufwärts, die durch das Hochwasser heute nicht wo üblich liegt, laden wir um in einen Pick-up. Zwei Frauen werden in einer Station nahe der Strasse mit zwei Bündeln Bananen abgesetzt. Sie werden nun eine Woche allein im Urwald leben und dort eine Affenkolonie füttern und beobachten.
Jaime und ich steigen bei einer weiteren Waldhüter-Hütte aus und deponieren die Fressalien für die Tiere im Nebengebäude. Nach einem ausgedehnten Schwatz mit seinem Kollegen ruft Jaime zum Aufbruch in den Wald. Von nun an dürften die beiliegenden Bilder fast mehr aussagen als meine trockenen Schilderungen.
Er weiss immer wieder interessantes zu erzählen, das ich mit meinem bescheidenen Spanischkenntnissen zu verstehen versuche. Aber von Heilmitteln, Schmerzmitteln, Betäubungsmitteln über Blätter, die beim Zerreiben ein Pulver freisetzen, das im Hals heftig kratzt und das nur zu spirituellen Zwecken verwendet wird, ist die Rede. Er gibt mir von einem wilden Zitronenbaum einen kleinen Zweig in die Hand, mit der Aufforderung, diesen zu schälen. Es öffnet sich ein Ameisennest samt Eiern (siehe Bild). Er fordert mich auf, mit der Zunge zu kosten. Es schmeckt sehr erfrischend wie ein Zitronenkonzentrat und es sei durststillend. Das kann ich bezeugen. Immer wieder bleibt er plötzlich stehen und lauscht. Vögel seien heute wenig zu hören. Es liege wohl am Wetter. Durch gereichte und gekaute Baumrinde kann ich einen Baum als Zimtbaum erraten.
Tierspuren von Wildschweinen und Zwerghirschen findet er und macht mich darauf aufmerksam. Sie seien von gestern. Baumarten werden aufgezählt und ihre Eigenschaften erklärt. Einer eignet sich durch seine Wurzelform ausgezeichnet, um ein lautes Schlagzeichen über weite Distanzen zu übermitteln. Dies sei früher genutzt worden, um vor Eindringlingen in den Wald zu warnen. Das Alter eines Baumes, der da im Dickicht liegt, schätzt er auf 1000 Jahre; so hart und dauerhaft sei sein Holz. Unglaublich! Es wird zum Bauen von Aussenkonstruktionen verwendet.
Schmetterlinge, Insekten und Spinnen in allen Variationen begleiten uns, leider auch die Mücken, die besonderen Reiz am Gringo zu finden scheinen.
Einem einmalig schönen Bachlauf folgend gelangen wir zur Unterstation, wo die zwei Frauen aber nicht anzutreffen sind. Wir rasten trotzdem kurz dort. Ein Affe nähert uns und es scheint, dass Jaime diesem entfliehen will. Wir brechen wieder auf und stossen dann auf die Frauen, die der Affenbande in den Wald gefolgt sind, um sie zu beobachten. Zwei Affenmütter tragen Neugeborene bei sich und sollen deshalb noch umsorgt werden.
Nun gehen wir zur Strasse und ich verabschiede mich von Jaime in seinem für hiesige Verhältnisse guten Haus und nehme den halbstündigen Weg zurück ins Amazoonico unter die Füsse; vorbei an Ruana Huasi, wo ich etwas drinke und die Tochter des Hauses fotografiere (siehe Bild).
Das wird ein unvergesslicher Tag bleiben für mich.

Röbu, 13. August 2007

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