31. Juli 2007
Etwa um 6.30 Uhr weckte mich Anja. (Für gewöhnlich beginnt dann der Tag.)
Wir kochten uns frischen Kaffee mit richtiger Milch, die wir seit ein paar Tagen haben - allerdings wissen wir noch nicht, wie viel wir für sie bezahlen werden müssen. Zum Morgenessen gab’s vom selbstgebackenen Brot, Konfitüre (teuer in Tena gekauft), Margarine (die nicht einmal bei 30 Grad schmilzt) und Nutella (ohne die geht bei Heiko nichts).
Wir kochten uns frischen Kaffee mit richtiger Milch, die wir seit ein paar Tagen haben - allerdings wissen wir noch nicht, wie viel wir für sie bezahlen werden müssen. Zum Morgenessen gab’s vom selbstgebackenen Brot, Konfitüre (teuer in Tena gekauft), Margarine (die nicht einmal bei 30 Grad schmilzt) und Nutella (ohne die geht bei Heiko nichts).
Um acht Uhr sollte uns unser Führer abholen, für uns war eine Tour geplant. Pünktlich war Jaime (sprich Chaime) vor unserem Haus. Ich hatte Anja in einem Leintuch an meine
n Rücken gebunden, da sie sich nicht wohl fühlte. Seit ein paar Tagen klagt sie über Halsweh und Bauchschmerzen. An Jaimes Reaktion konnte man schon gut erkennen, dass die Tour für Anja nicht geeignet war. Wir beschlossen kurz darauf, dass Röbu mit ihr im Amazoonico bleiben würde. Zugleich organisierten wir für ihn aber eine persönliche Tour mit Übernachtung im Wald für nächste Woche.
Beim Schulhaus grabschte sich Jaime die Gitterreste des Kindergartenbaus und los ging’s Richtung Osten. Unser Führer war ein richtiger Waldläufer und er schlug ein entsprechendes Tempo an. Die erste Pause gab’s bei einem kleinen Mirador (Aussichtspunkt), wo man den Rio
Wir wurden freundlich eingeladen, zogen die Schuhe vor der Türe aus (macht man immer!), begrüssten alle Familienmitglieder (man gibt einander kaum die Hand, es ist mehr ein kurzes Berühren der Handinnenflächen) und bekamen ein Bananengetränk serviert.
Bald kamen wir mit Lucilla, mi Señora, wie Jaime seine Frau nannte, ins Gespräch. Das heisst, ich kam ins Gespräch, Heiko und Jana halten sich in Sachen Spanisch sehr zurück und lassen sich das Ganze lieber später übersetzen. Es stellte sich heraus, dass sie eine tragende Rolle in der Schule hat, vergleichbar wie ein Mitglied der Schulkommission. Sie war von Angelikas Plan, eine Kichwa- und Spanischlehrkraft einzustellen, auf jeden Fall schon informiert und bot gleich an, falls dies nicht klappen sollte, könne immer noch ihre Tochter den Lehrerposten übernehmen. Jaime und Lucilla haben sechs Kinder, das jüngste etwa halbjährig. Eine ihrer ersten Fragen war: Wo ist dein Mann? Ich bin mich der Frage schon ziemlich gewohnt und antworte jeweils mit der Halbwahrheit: Er ist in der Schweiz, weil er arbeiten muss, er wird uns aber um Weihnachten besuchen kommen. Für die Ecuadorianer ist es unverständlich, dass ich ohne einen Mann ein solches Projekt mache und dass ich nur ein Kind habe. Noch unverständlicher wäre es, wenn sie wüssten, dass das Kind unehelich ist, ich also niemals verheiratet war und mein Freund mich verlassen hat, deshalb schweige ich mich darüber aus. Notlügen sind erlaubt.
Dann ging’s ab in den Dschungel. Jaimes Sohn begleitete uns von nun an. Der Urwald, der sich uns bot, war atemberaubend. Und unglaublich dicht. Ich habe die Orientierung sofort verloren und wäre ohne Führer wohl noch immer im Dickicht. Dann würde ich versuchen, mich am Sonnenstand zu orientieren, was wohl nicht viel bringen würde, da man die Sonne ohnehin nur erahnen kann. Vielleicht würde ich verzweifelt einem Wasserlauf folgen und hoffen, dass ich keines dieser be
rühmten Wasserlabyrinthe des Amazonas vor mir habe. Jaime selbst habe sich laut eigenen Angaben nur einmal wirklich verlaufen und habe den Weg bis weit in die Nacht nicht mehr gefunden. Er sei dann sehr geschwächt, nach einem 12-Stunden-Irrgang etwa um 10 Uhr endlich zu Hause angekommen. Er habe damals sehr grossen Muskelkater gehabt, fügte er noch hinzu.
Jaime zeigte uns allerlei Bäume, Medizinalpflanzen und Tiere. Zum Beispiel einen Baum, der in Symbiose mit Ameisen lebt. Der Baum überlässt einem Ameisenvolk sein Stamminneres, das Volk kultiviert dort Pilzstämme, die wiederum Nährstoffe für den Baum produzieren. Wenn man ein Ästchen durchbricht, sieht man die kleinen Tierchen im Innern rennen. Die Ameisen schmecken wie der Baum selbst nach Zitrone – ich weiss es, denn ich habe sie gekostet. Jaime hat uns vorgemacht, wie sie gegessen werden: Einfach die Zunge an das Hölzchen halten, die Ameisen bleiben dann kleben.
Jaime machte uns immer wieder auf Wellensittiche, Tukane, Greifvögel und eine Art Zaunkönig (Vögelchen der Wolke) aufmerksam. Ich konnte die Tiere aber meist erst erkennen, wenn sie fort flogen. An einem Gewässer sahen wir Tauchspinnen, bzw. Hüpfspinnen.
Ich kann sie ja nennen, wie ich will, vielleicht ist sie noch nicht mal entdeckt… (Spinnae Tauchoderhüpfus Gerbera). Die kindshandgrossen Spinnen hüpften über die Wasseroberfläche, indem sie alle acht Beine ruckartig zusammenführten, ähnlich einer Quallenbewegung. Dann ruhten sie sich kurz auf einem Stein aus und tauchten dann elegant unter.
Weiter sahen wir Frösche, Spuren einer Art Reh, Nasenbären, viele Insekten und eine Baumeidechse. Diese Echse habe der Überlieferung zufolge sehr giftige Krallen, die einem Menschen starke Schmerzen zuführten, weshalb die Indianer sie immer sofort getötet hatten, so erzählt uns unser Waldführer. Allerdings hätten neuste Studien ergeben, dass die Giftgeschichte gar nicht stimme und es keinen Grund gebe, die Tiere zu fürchten. Auf meine Frage, wem er nun glaube, meinte Jaime: No quiero probar – ich möchte es nicht darauf ankommen lassen.
Weiter wurden wir über die Tücken von Lianen aufgeklärt: Es gibt solche, die von unten nach oben wachsen, und solche, die von oben nach unten wachsen. Die sicheren sind logischerweise die letzteren. Ich wollte mich eben an eine Liane hängen und ein bisschen Tarzan spielen, als der bisher ruhige Jaime „Cuidado (Vorsicht)“ schrie: Gleich über meiner Hand war eine grosse, schwarze Ameise. Obwohl mir nicht ganz klar war, was los war, liess ich die Wurzel sofort los. Ob denn diese Ameise gefährlich sei? Nun, es komme darauf an, was man darunter verstehe, man müsse einfach 12 Stunden Schmerzen ertragen können, war die saloppe Antwort.
Jaime nutzte die Tour auch gleich, um „Einkäufe“ zu machen. Er schnitt sich hie und da Früchte ab, die er einpackte oder seinem Sohn zum Mitschleppten gab. Mit der Machete schlug er Holz (vergleichbar mit Weide), band es mit Lianen zusammen und trug es von nun an auf den Schultern mit. Etwa alle Stunden sagte er plötzlich: Lasst uns ausruhen! Dann legte er sich irgendwo ins Moos, auf einen umgestürzten Baumstamm oder auf das Kiesbachbett und entspannte sich völlig, schlief manchmal sogar ein. Und nach der kurzen Pause ging’s dann im Eilschritt weiter.
Jaime nutzte die Tour auch gleich, um „Einkäufe“ zu machen. Er schnitt sich hie und da Früchte ab, die er einpackte oder seinem Sohn zum Mitschleppten gab. Mit der Machete schlug er Holz (vergleichbar mit Weide), band es mit Lianen zusammen und trug es von nun an auf den Schultern mit. Etwa alle Stunden sagte er plötzlich: Lasst uns ausruhen! Dann legte er sich irgendwo ins Moos, auf einen umgestürzten Baumstamm oder auf das Kiesbachbett und entspannte sich völlig, schlief manchmal sogar ein. Und nach der kurzen Pause ging’s dann im Eilschritt weiter.
An einem Fluss machten wir Mittagspause. Inzwischen hatten wir grossen Hunger und die eine Papaya konnte den nicht wirklich befriedigen. Als wir dann um 15.30 wieder im Amazoonico ankamen, waren wir alle ziemlich erschöpft. Vom Hunger und vom Durst, von der Hitze und der körperlichen Anstrengung.
Zu Hause wartete die Überraschung auf uns: Bettina, unser neues Teammitglied, das wir eigentlich morgen in Tena abholen wollten, sass bei uns schon in der „Stube“. Vätu hatte ihr schon den Zoo gezeigt und wir waren auf jeden Fall froh, war er heute Morgen daheim geblieben. Herzlich willkommen, Bettina! (Ich freue mich sehr, ist sie hier. Mir fehlt doch manchmal die Professionalität und Erfahrung bei Jana und Heiko, obwohl die beiden topmotiviert und engagiert sind. Zu dem ist es einfach schön, Mundart zu sprechen!)
Am späteren Abend kamen Douwe und Kayla zu Besuch. Douwe ist ein Holländer, der mit seiner Familie im Amazoonico lebt, und für alle „Hauswartsdienste“ zuständig ist. Er musste uns den Kühlschrank reparieren. Der Kühlschrank ist ein Luxus, den wir uns wirklich gönnen wollen. Kayla spielte sofort mit Anja und die zwei liefen mit nackten Beinen durch das knöchelhohe Gras ums Haus. Als sie sich dabei noch die Hand gaben, schwoll mein
Ich machte mich mit den beiden Kleinen auf den Weg zum Arajuno, als wir Oliva, Kaylas Mutter trafen, die gerade engagiert auf eine Gruppe amerikanischer Touristen einredete. Sie versuchte sie zu überzeugen, in ihrem Hotel Druck zu machen, denn einer der Hotelguides habe eine Schildkröte an der Leine. Das ist für die Schildkröten sehr schmerzhaft, weil man dazu ein Loch in den Panzer bohrt, und auch ganz abgesehen davon eine saublöde Idee. Die Touristen sahen aber ganz und gar nicht so aus, als wollten sie sich in ihren Ferien die Finger mit solchen Aktionen verbrennen. Schade. Denn Reklamationen von Touristen scheinen in solchen Fällen zu helfen.
Das Bad am Fluss war herrlich. Anja ist eine richtige Wasserratte. Sie quietscht vor Vergnügen, taucht und versucht „Kunststücke“ zu machen. Ende des Jahres kann sie schwimmen… J
1 comment:
Wir finden es super, dass Du auf Urwaldabenteuer mitmachst. Ebenfals mutig finden wir, dass Du die Ameisen in Honig probiert hast, sind aber heilfroh, dass Du die Spinnen nicht von Anjas Beinen isst. Die Bilder sind Athemberaubend. Wobei wir beim einen das Gefühl hatten es stamme vielleicht nur aus den tiefen des Emmentals.
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